Wir danken Dr. med. Annemarie Schweizer-Arau und dem Stadelmann Verlag für diesen Gastbeitrag und dem Einblick in das spannende Thema der TCM-Behandlung bei einem Kinderwunsch.
Die längste und systematischste Erfahrung mit der ganzheitlichen Behandlung von Fruchtbarkeitsstörungen konnte in 3.000 Jahren sicherlich die traditionelle chinesische Medizin (TCM) sammeln.
Innere Kommunikation der traditionellen chinesischen Medizin
Die TCM beschäftigt sich mit dem verborgenen Wesen der Dinge im Innern, mit den Funktionsabläufen und dem Zusammenspiel verschiedener Wirkfaktoren in einem lebenden Organismus. Die chinesische Medizin hat vor allem im Blickpunkt, was man wahrnimmt, wenn man in sich hineinfühlt und -horcht. Ein bildhafter Vergleich aus der Computerwelt: die TCM beschäftigt sich mit der Software, die westliche Medizin mit der Hardware. Und wer mit Computern zu tun hat, weiß, wie oft ein Absturz durch die Software bewirkt wird und eher seltener durch die Hardware. Im Blickpunkt der TCM steht also das subjektive Empfinden. Aber auch der Beziehung des Patienten zu seiner Umwelt wird großer Wert beigemessen. Krankheitssymptome werden u. a. auf äußere Einflüsse von Wind, Kälte, Hitze, Trockenheit oder Feuchtigkeit zurückgeführt. Diese Bezüge benutzen wir in der Umgangssprache und sprechen von Erkältung oder Hitzschlag. Auch wir erleben eine Erkältung als komplexe Beeinträchtigung. Wir fühlen uns müde, da die Energie betroffen ist, die Stimmung wird negativ, man fühlt sich sterbenselend, die Muskeln schmerzen etc. Die chinesische Medizin beschäftigt sich v. a. mit Wechselwirkungen und Funktionszusammenhängen.
Praktische Fragen zur TCM
Für wen ist eine komplementärmedizinische Behandlung geeignet?
- Für Paare, bei denen eine gründliche gynäkologische Untersuchung und eine Spermienuntersuchung keinen auffälligen Befund ergaben.
- Für Paare, denen die Belastung und das Risiko einer künstlichen Befruchtung zu hoch sind.
- Betroffene, die eher zur Naturmedizin tendieren.
- Für Paare, die schon erfolglose IVF-Versuche hinter sich haben oder die unter den Nebenwirkungen der Behandlung sehr litten, kann die TCM eine Entlastung und Verbesserung des Allgemeinbefindens bringen, aber auch Chancen, doch noch schwanger zu werden, eröffnen.
- Begleitend zu einer IVF-Behandlung z. B. kann bei sogenannten Low Respondern (s. Seite 438) die Eiqualität verbessert werden.
- Die Nebenwirkungen durch die Stimulationsmedikamente bei einer IVF können abgeschwächt werden.
- Bei Männern mit schlechten Spermienbefunden können sich die Erfolgschancen bei einer ICSI-Behandlung erhöhen.
- Die Gefahr eines Überstimulationssyndroms kann vorher eingeschätzt werden und dadurch vorbeugend behandelt oder gemildert werden.
- Eine weitere therapeutische Unterstützung während der Kinderwunschbehandlung kann sehr hilfreich sein. Du bist auf der Suche nach einer passenden Begleitung für deine Kinderwunschreise? In unserer Unterstützer:innen-Suche findest du eine große Auswahl an Expertinnen und Experten für den Kinderwunsch.
Wie kann die TCM die Chancen einer IVF-Behandlung positiv beeinflussen?
Eine ganzheitliche Behandlung wie die TCM kann zu einer besseren Verträglichkeit der IVF-Behandlung bei der Frau beitragen. In mehreren Studien konnte eine Verbesserung der Implantationsrate bei Akupunktur vor und nach dem Embryotransfer beobachtet werden.
Vermutlich bewirkt die Vorbehandlung eine bessere ovarielle Reaktionsfähigkeit und erhöhte Östrogenwerte. Die Funktion der Eierstöcke kann verbessert und mehr Eizellen von besserer Qualität gewonnen werden. Durch eine optimierte Durchblutung der Gebärmutter kann es zu einer Verdickung des Endometriums kommen und damit zu einer größeren Chance auf das Einnisten des Embryos. Auch die Nebenwirkungen einer IVF-Behandlung können vermindert und insgesamt die Erfolgsaussichten günstig beeinflusst werden. Bei Männern konnte durch eine Akupunktur und Moxa-Behandlung direkt vor der Samenabgabe eine Verbesserung der Spermien-Qualität erreicht werden.
TCM kann auch helfen, wenn ein Paar lange versucht hat, ein Kind zu bekommen und lediglich kleinere Fruchtbarkeitsstörungen gefunden werden können. Ein leichtes PCO-Syndrom kombiniert mit erhöhtem Prolaktinspiegel kann vielleicht auf eine TCM-Diagnose wie Qi-Stau bei feuchter Schleim verlegt den Uterus hinweisen und gezielt mit Dekokten und Akupunktur/Moxa behandelt werden, wodurch die Chancen einer IVF-Behandlung erhöht werden können. Grundsätzlich ist jedoch das Ziel der TCM-Behandlung, den Körper wieder zu harmonisieren, damit die Voraussetzungen für das Entstehen und das Bestehen einer Schwangerschaft geschaffen werden können. Darüber hinaus wird das Vertrauen in den eigenen Körper wieder gestärkt, als ob aus einem gekräftigten Wurzelwerk frische Triebe wachsen können. Diese Triebe können ein Kind bedeuten oder aber anderweitig Kreativität für die eigene Lebensgestaltung freisetzen. Dadurch kann dem Leiden am unerfüllten Kinderwunsch die Qual genommen werden.
Wo liegen die Grenzen der TCM?
Kommen mehrere Faktoren zusammen, wie schlechte Spermienqualität des Mannes, organische
Veränderungen der Reproduktionsorgane der Frau und höheres Alter, wirkt sich dies wie sonst auch negativ auf den Behandlungserfolg aus. Schwere Organdefekte wie verschlossene Tuben oder fehlende oder genetisch veränderte Spermien sind ebenfalls nicht durch TCM behandelbar.
Ungünstig ist auch, unter dem Druckgefühl, »Das muss ich nun auch noch über mich ergehen lassen«, eine TCM-Therapie zu starten. Das Hauptziel sollte eher sein, sich durch eine Harmonisierung des Körpers wohler und entspannter zu fühlen, neue Wege zu öffnen, um aus dem Wohlgefühl heraus offen zu werden für eine Schwangerschaft.
Texte aus: Dr. med. Annemarie Schweizer-Arau: Hoffnung bei unerfülltem Kinderwunsch. Die Fruchtbarkeit ganzheitlich fördern mit chinesischer Medizin. Stadelmann Verlag ISBN 978-3-9811304-1-6
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Zur Autorin: Dr. med. Annemarie Schweizer-Arau
Dr. med. Annemarie Schweizer-Arau (*1955) ist Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin mit eigener Praxis in Dießen am Ammersee. Bevor sie Medizin studierte, absolvierte sie zunächst eine kunsthandwerkliche Lehre. Noch während ihrer fachärztlichen Weiterbildung begann sie zusätzliche Ausbildungen in Hypnotherapie, in Homöopathie und in traditioneller chinesischer Medizin. Auf der Suche nach einem ganzheitlichen Therapieansatz, der westliche und östliche Medizin integriert, entwickelte sie in den 1990er-Jahren die Systemische Autoregulationstherapie (SART®), die chinesische Medizin und Hypnotherapie vereint sowie Ergebnisse der modernen Hirnforschung berücksichtigt.
In ihrer Praxis hat sich Annemarie Schweizer-Arau auf Kinderwunschbehandlungen sowie Schmerzbehandlung bei Patientinnen mit Endometriose spezialisiert. Neben ihrer therapeutischen Arbeit beschäftigt sie sich auch wissenschaftlich mit den Themen Kinderwunsch und Endometriose.
Weitere Informationen findest du hier: www.sart.de
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