Seit 2012 gibt es in Deutschland die Möglichkeit, sich während der Schwangerschaft auf die Wahrscheinlichkeit untersuchen zu lassen, ob das ungeborene Kind einen Gendefekt aufweist. Bisher mussten die Kosten einer solchen Untersuchung selbst getragen werden, nun sollen die Kosten voraussichtlich ab Frühjahr 2022 von der Krankenkasse als Kassenleistung angeboten werden.
Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Kliniken und Kassen
In Deutschland sind etwa 50.000 Menschen (Statista aus 2018) von Trisomie 21 betroffen. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Kassen hat den Beschluss der Kostenübernahme eines nicht-invasiven Präntaltests (NIPT) durch die Krankenkassen beschlossen. Dieser Beschluss liegt nun zur Prüfung beim Bundesgesundheitsministerium vor.
Dem Beschluss stehen insbesondere Verbände und Ärzte kritisch gegenüber, deshalb wurde ein offener Brief mit den Bedenken verfasst und dem Bundesausschuss vorgelegt. Bis 2012 wurden bei dem Verdacht oder der hohen Wahrscheinlichkeit einer Trisomie-Erkrankung nur invasive Tests durchgeführt. Dieser Test wird auch noch heute bei einem Verdacht auf einen Gendefekt durchgeführt und beinhaltet die Entnahme und Untersuchung des Fruchtwassers der Schwangeren. Bei dieser Untersuchung ist das Risiko einer Fehlgeburt erhöht.
Der Test soll von Krankenkassen für alle übernommen werden, auch bei einer Untersuchung ohne einer Indikation für den Gendefekt. Als Voraussetzung ist nur eine intensive ärztliche Beratung notwendig.
Was ist eine Trisomie, insbesondere das Down-Syndrom?
Eine Trisomie ist ein Gendefekt, bei dem in jeder Zelle ein Chromosom mehr besteht, statt 2 sind 3 Chromosomen vorhanden. Daher kommt auch die Bezeichnung. Am bekanntesten ist die Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt. Bei diesem Gendefekt besteht das Chromosom 21 dreimal. Die Folgen einer Trisomie können körperliche Auffälligkeiten oder eine verlangsamte, motorische, geistliche und sprachliche Entwicklung sein. Die Ausprägungen können pro Person unterschiedlich sein.
Schwerwiegendere Trisomien sind beispielsweise das Pätau-Syndrom (Trisomie 13) und das Edwards-Syndrom (Trisomie 18).
Welche Trisomie-Testmöglichkeiten gibt es?
Trisomietests gehören nicht zu den allgemein empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen. Sie werden unterschieden in invasive Präntaltests und in nicht-invasive Präntaltests (NIPT). Bei invasiven Präntaltests findet eine Untersuchung des Fruchtwassers oder eine Plazentabiopsie statt. Die seit 2012 in Deutschland durchgeführten NIPTs umfassen einen DNA-Bluttest. Am bekanntesten sind der Praena-Test, der harmony-Test und fetalis. Bisher mussten Selbstzahler bei der Entscheidung für einen Test, die Kosten i.H.v. ø 150 – 300 € bezahlen. Diese Leistung soll nun von Krankenkassen übernommen werden.
Die Tests bieten keine 100 %ige Sicherheit, es handelt sich hierbei um eine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die Genauigkeit der Erkennung von Trisomie 21 mithilfe der Tests liegt bei 99 %, dies geht aus einem Beitrag von praenatal.de hervor.
Mögliche Folgen der Einführung als Kassenleistung
Die Entscheidung stößt seit der Verkündung nicht auf ungeteilte Zustimmung.
Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschuss Josef Hecken erklärte in der tagesschau: „Der Gemeinsame Bundesausschuss hat es sich zu keinem Zeitpunkt leicht gemacht. Uns ist bewusst, dass die Entscheidung nicht in allen gesellschaftlichen Gruppen auf ungeteilte Zustimmung stoßen wird. Es gehört aber zur Realität, dass dieser Bluttest gegenüber den invasiven Untersuchungen keine Fehlgeburten auslösen kann. Es ist rational wie medizinisch richtig, jenen Schwangeren, denen das Wissen um eine Trisomie persönlich wichtig ist, eine sichere Alternative anzubieten.“
Behindertenverbände und katholische Kirchen befürchten, dass die Änderung zu einer zunehmenden Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und der Zunahme von Abtreibungen führt.
Es könnte auch ein komplizierter Erwartungsdruck in der Gesellschaft entstehen, wenn Eltern sich dazu entscheiden keinen Test durchführen zu lassen.